Im Leben gibt es nur wenige Gewissheiten, aber eine davon ist: Unvorhergesehenes passiert.
Eine kaputte Waschmaschine, eine unerwartete Autoreparatur, ein plötzlicher Jobverlust, eine hohe Arztrechnung oder ein unaufschiebbarer Umzug – all das sind finanzielle Belastungen, die schnell zu einer echten Krise werden können, wenn man nicht darauf vorbereitet ist.
Genau hier kommt der Notgroschen ins Spiel. Er ist das finanzielle Sicherheitsnetz, das uns vor unliebsamen Überraschungen schützt und verhindert, dass wir im Ernstfall auf teure Kredite oder den Dispo zurückgreifen müssen.
In Deutschland ist der Notgroschen ein zentraler Pfeiler einer soliden Finanzplanung.
Doch wie viel sollte man tatsächlich auf der hohen Kante haben und wo lässt sich dieses Geld sicher und jederzeit verfügbar aufbewahren?
Was ist ein Notgroschen und warum ist er so wichtig?
Ein Notgroschen, auch als Notfallfonds oder eiserne Reserve bezeichnet, ist eine Summe Geld, die ausschließlich für unvorhergesehene Ausgaben und finanzielle Notlagen zurückgelegt wird.
Es handelt sich um Geld, das nicht für Urlaube, größere Anschaffungen oder Investments gedacht ist, sondern als Puffer dient, wenn das Leben dazwischenkommt.
Die Bedeutung des Notgroschens lässt sich nicht genug betonen:
- Schutz vor Verschuldung: Ohne Notgroschen sind viele Menschen gezwungen, bei unvorhergesehenen Ausgaben einen teuren Dispokredit in Anspruch zu nehmen oder einen Ratenkredit aufzunehmen. Die Zinsen dafür können hoch sein und die Schuldenfalle droht.
- Finanzielle Unabhängigkeit und Freiheit: Ein Notgroschen gibt Seelenfrieden. Man weiß, dass man für den Ernstfall gerüstet ist und nicht von anderen abhängig ist.
- Flexibilität im Beruf: Sollte man den Job verlieren, bietet der Notgroschen die Möglichkeit, sich ohne sofortigen finanziellen Druck nach einer neuen Anstellung umzusehen oder sogar eine Weiterbildung zu finanzieren.
- Vermeidung von Stress: Finanzielle Engpässe sind eine der größten Stressquellen. Ein Notgroschen nimmt diesen Druck und ermöglicht es, sich auf die eigentliche Herausforderung zu konzentrieren.
- Schutz von Investments: Wer einen Notgroschen hat, muss im Krisenfall nicht seine langfristigen Investments (z.B. Aktien, ETFs) verkaufen, wenn die Kurse gerade schlecht stehen. Das schützt das Vermögen.
Wie viel sollte der Notgroschen betragen? Die 3- bis 6-Monats-Regel
Die Faustregel für die Höhe des Notgroschens besagt: Man sollte drei bis sechs Netto-Monatsausgaben als Notgroschen zurücklegen.
Diese Summe sollte ausreichen, um die grundlegenden Fixkosten und Lebenshaltungskosten für einen Zeitraum von mehreren Monaten abzudecken, sollte das Einkommen unerwartet wegfallen.
Berechnung des individuellen Bedarfs:
Monatliche Ausgaben ermitteln: Gehen Sie Ihre Kontoauszüge der letzten drei bis sechs Monate durch und summieren Sie alle fixen Ausgaben (Miete, Nebenkosten, Versicherungen, Internet, Handy, Abos) und variablen Ausgaben (Lebensmittel, Transport, Freizeit, Kleidung). Seien Sie dabei ehrlich zu sich selbst.
Multiplikation mit 3 bis 6: Multiplizieren Sie diese Summe mit drei oder sechs.
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- 3 Monatsausgaben: Dies ist oft das Minimum für Singles mit stabilem Job und geringen Verpflichtungen.
- 6 Monatsausgaben: Dies wird empfohlen für Familien, Selbstständige, Personen mit unsicherem Einkommen, Immobilienbesitzer (wegen möglicher Reparaturen) oder bei gesundheitlichen Risiken.
- Mehr als 6 Monate: In Ausnahmefällen, z.B. bei sehr hohem Einkommensrisiko oder sehr hohen Fixkosten, kann auch ein größerer Puffer sinnvoll sein.
Beispiel: Wenn Ihre durchschnittlichen monatlichen Ausgaben bei 1.500 Euro liegen, sollten Sie idealerweise zwischen 4.500 Euro (3 Monate) und 9.000 Euro (6 Monate) als Notgroschen zurücklegen.
Es ist wichtig, den Notgroschen realistisch zu gestalten. Er sollte nicht so hoch sein, dass er andere wichtige Finanzziele (wie Altersvorsorge oder Schuldentilgung) blockiert, aber auch nicht zu niedrig, um seinen Zweck zu erfüllen.
Wo das Geld sicher und verfügbar aufbewahren? Die besten Orte in Deutschland
Der Notgroschen muss zwei Kriterien erfüllen: Sicherheit und schnelle Verfügbarkeit.
Das bedeutet, das Geld darf keinen Kursschwankungen unterliegen und muss im Bedarfsfall innerhalb von Tagen auf das Girokonto transferierbar sein.
Daher fallen hochriskante Anlagen wie Aktien oder spekulative Fonds weg.
Die besten Orte für den Notgroschen in Deutschland sind:
Das Tagesgeldkonto (Tagesgeld): Das Tagesgeldkonto ist der ideale Ort für den Notgroschen.
- Sicherheit: Tagesgeldkonten unterliegen der gesetzlichen Einlagensicherung in Deutschland. Ihr Geld ist bis zu 100.000 Euro pro Bank und Kunde abgesichert, selbst wenn die Bank insolvent gehen sollte. Viele Banken sind zusätzlich Mitglied in freiwilligen Einlagensicherungssystemen, die die Sicherheit noch weiter erhöhen.
- Verfügbarkeit: Das Geld ist jederzeit verfügbar. Sie können es innerhalb von ein bis zwei Werktagen auf Ihr verknüpftes Girokonto überweisen.
- Zinsen: Während die Zinsen auf Tagesgeldkonten in den letzten Jahren sehr niedrig waren, sind sie im Zuge der Zinsanhebung durch die Europäische Zentralbank wieder attraktiver geworden. Es gibt auch Banken, die attraktive Neukundenangebote machen. Vergleichen Sie regelmäßig die Zinssätze, da diese variabel sind.
- Trennung vom Girokonto: Das Tagesgeldkonto sollte getrennt vom Girokonto geführt werden. Das hilft, das Geld nicht versehentlich für Alltagsausgaben auszugeben.
Anbieter in Deutschland: Fast alle Direktbanken (z.B. ING, DKB, comdirect) und auch einige Filialbanken bieten Tagesgeldkonten an.
Ein Vergleich der aktuellen Zinsen ist über Portale wie Finanztip.de oder Check24.de empfehlenswert.
Das Girokonto (mit Einschränkungen): Für einen sehr kleinen Notgroschen (z.B. weniger als 1.000 Euro) oder für die Zeit, in der Sie noch dabei sind, Ihren Notgroschen aufzubauen, kann ein separater Unterordner oder ein zweites Girokonto bei Ihrer Hausbank eine Übergangslösung sein.
- Vorteile: Sofortige Verfügbarkeit, keine Überweisungszeiten.
- Nachteile: Oft keine Verzinsung, die Versuchung ist größer, das Geld für nicht-notwendige Ausgaben zu nutzen. Daher ist es keine Dauerlösung für den kompletten Notgroschen.
Das Festgeldkonto (als Ergänzung für größere Summen): Ein Festgeldkonto ist nicht ideal für den gesamten Notgroschen, da das Geld für eine feste Laufzeit (z.B. 3 Monate, 6 Monate, 1 Jahr) gebunden ist und nicht jederzeit verfügbar ist.
- Sinnvoll als Ergänzung: Wenn Sie bereits einen Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto haben, der Ihre 3-6 Monatsausgaben abdeckt, und darüber hinaus weitere Reserven bilden möchten, können Sie einen Teil dieses „überflüssigen“ Notgroschens auf einem Festgeldkonto parken, um etwas höhere Zinsen zu erzielen. Aber der Kern des Notgroschens bleibt auf dem Tagesgeld.
Was sollte man bei der Anlage des Notgroschens vermeiden?
- Aktien, Fonds, ETFs: Diese Anlagen sind für den langfristigen Vermögensaufbau gedacht und unterliegen Kursschwankungen. Im Ernstfall müsste man sie eventuell mit Verlust verkaufen. Sie sind ungeeignet für den Notgroschen.
- Kryptowährungen: Extrem volatil und risikoreich. Absolut ungeeignet für den Notgroschen.
- Bargeld zu Hause: Obwohl es sofort verfügbar wäre, birgt das Halten großer Mengen Bargeld zu Hause Sicherheitsrisiken (Diebstahl, Feuer) und ist nicht versichert. Zudem verliert es durch die Inflation an Wert. Eine kleine Menge für Notfälle ist akzeptabel, aber keine größeren Summen.
- Sparbücher mit Kündigungsfrist: Traditionelle Sparbücher haben oft Kündigungsfristen, was die schnelle Verfügbarkeit einschränkt. Tagesgeld ist hier flexibler.
Wie den Notgroschen aufbauen und pflegen?
Der Aufbau eines Notgroschens erfordert Disziplin und Regelmäßigkeit:
- Automatisieren Sie das Sparen: Richten Sie einen Dauerauftrag ein, der jeden Monat einen festen Betrag von Ihrem Girokonto auf Ihr Tagesgeldkonto überweist, am besten direkt nach dem Gehaltseingang.
- Kleine Beträge summieren sich: Auch 25 Euro, 50 Euro oder 100 Euro im Monat machen über die Zeit einen Unterschied. Beginnen Sie mit dem, was Sie entbehren können.
- Priorität einräumen: Betrachten Sie den Notgroschen als eine feste monatliche Ausgabe, genau wie Miete oder Strom. Er ist eine Priorität, keine Option.
- Unerwartete Einnahmen nutzen: Nutzen Sie Bonuszahlungen, Steuerrückerstattungen oder Erbschaften, um den Notgroschen schneller aufzufüllen.
- Regelmäßige Überprüfung: Überprüfen Sie mindestens einmal im Jahr, ob die Höhe Ihres Notgroschens noch Ihren aktuellen Ausgaben entspricht. Haben sich Ihre Lebenshaltungskosten erhöht? Hat sich Ihre Familiensituation geändert?
Fazit: Der Notgroschen – Ihr Anker in stürmischen Zeiten
Indem Sie Ihre monatlichen Ausgaben sorgfältig berechnen und das empfohlene Drei- bis Sechs-Monats-Ziel anstreben, schaffen Sie eine solide Basis.
Die Aufbewahrung auf einem Tagesgeldkonto gewährleistet dabei die notwendige Sicherheit durch die Einlagensicherung und die jederzeitige Verfügbarkeit. Nehmen Sie sich die Zeit, diesen wichtigen Schritt zu gehen.
Er wird sich in Form von finanziellem Seelenfrieden und Stressreduzierung um ein Vielfaches auszahlen.
Ein gut gefüllter Notgroschen ist keine verlorene Rendite, sondern eine Investition in Ihre Ruhe und finanzielle Resilienz.